Sebastian Luik

Psychotherapie & Achtsamkeit

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Meditationsretreat in Thailand – meine Erfahrung im Dschungel

Meditationsretreat in Thailand: Ommmm…mein Gott, was passiert hier?

Ankunft im Retreat

Zwei Tage vor Beginn des Meditations-Retreats fuhr ich mit dem Roller zum Kloster auf Koh Phangan, um offene Fragen zu klären. Die Informationen auf der Webseite waren unvollständig, und ich wollte sicherstellen, dass alles reibungslos läuft. Doch vor Ort war niemand, den ich hätte fragen können. Also beschloss ich, einfach am Sonntag pünktlich zur Registrierung zu erscheinen und darauf zu vertrauen, dass schon alles passen würde. Und falls nicht – improvisiere ich.

Am Sonntagmorgen brachte mich Eylam, mein Reisebuddy aus dem Hostel, zum Kloster. Dort wurde ich von einer älteren Dame herzlich empfangen, und auf einem Tisch lagen die Anmeldeformulare bereit. Yeah – das Retreat findet tatsächlich statt!

Nach dem Ausfüllen der Unterlagen unterhielt ich mich eine Weile mit der Dame, die sich als Direktorin des Meditationszentrums vorstellte. Sie wirkte freundlich, aber im Laufe des Gesprächs bemerkte ich eine leichte Anspannung bei ihr – offenbar war sie unsicher, ob noch weitere Teilnehmer eintreffen würden.

Ein älterer Thai, der als Volunteer im Kloster arbeitete, führte mich schließlich zu meinem Zimmer. Es war spartanisch eingerichtet, aber dafür mit einem gemütlichen Bett. Damit konnte ich leben.

Es stellte sich schnell heraus, dass ich der einzige Teilnehmer des Retreats sein würde. Neben mir waren nur die Direktorin, zwei ältere Thais, ein 27-jähriger Deutscher (der nach dem letzten Retreat geblieben war) und zwei Mönche auf der Anlage. Die Direktorin erklärte mir, dass ich in den nächsten Tagen weitgehend auf mich allein gestellt sein würde.

Obwohl es komplett anders kam als vorgestellt, war ich zuversichtlich und gut gestimmt, eine wertvolle und eindrucksvolle Zeit zu haben. Ich nahm mir vor, mich in Eigenregie weitestgehend an den vorgegebenen Zeitplan zu halten.

Als Erstes erkundete ich die Anlage. Diese war atemberaubend schön. Sie lag an einem Hang, umgeben von dichtem Dschungel, und zwischen den Wegen ragten mächtige Felsen majestätisch aus dem Boden. Die Geräusche der Natur – das sanfte Rauschen der Blätter, das Zwitschern der Vögel und das ferne Rufen der Affen – verliehen dem Ort eine beinahe mystische Atmosphäre. Dennoch war nicht zu übersehen, dass die Anlage auch Spuren der Zeit und Vernachlässigung zeigte. Wie ich später erfuhr, hatte die Pandemie dazu geführt, dass kaum noch Volunteers kamen, die bei der Instandhaltung halfen, und auch die Zahl der Retreat-Teilnehmer war stark zurückgegangen.

Wirklich sehr schade, und es stimmte mich auch etwas traurig, denn den Bildern und Erzählungen zufolge muss dieser Ort früher ein viel besuchter und hoch geschätzter gewesen sein, dessen Magie, die er einst ausstrahlte, man beim Schlendern über die Anlage noch erahnen konnte.

Erste Meditationen

Nach der ersten Nacht stand ich um 4:00 Uhr morgens auf und hielt mich so gut es ging an den vorgegebenen Zeitplan. Ich begann mit Geh-Meditationen, Sitz-Meditationen und einigen Yoga-Übungen. Die Ruhe und die völlige Abgeschiedenheit des Ortes ließen mich schnell in einen meditativen Zustand eintauchen, und ich spürte, wie die Gedanken des Alltags nach und nach in den Hintergrund traten.

Die Direktorin nahm sich trotz ihres Alters viel Zeit für mich. Sie führte ausführliche Gespräche, sang mit mir im Buddha-Haus, erzählte die Geschichte Buddhas und erklärte die grundlegenden Prinzipien des Buddhismus. Ihre Geduld und Herzlichkeit beeindruckten mich zutiefst – es war spürbar, wie sehr sie sich bemühte, mir eine bedeutungsvolle Erfahrung zu ermöglichen, obwohl die Rahmenbedingungen alles andere als ideal waren.

Das Bungalow im Dschungel

Im Laufe des Tages schlug die Direktorin vor, dass ich in ein Bungalow mitten im Dschungel ziehen könnte. Es sei früher von einem Mönch bewohnt worden und stehe derzeit leer. Sie könne es für mich herrichten. Nicht schlecht, dachte ich – ein Bungalow für mich, im Wald – warum nicht?

Zwischen den Gesprächen erwähnte sie beiläufig, dass ich nachts die Tür nicht öffnen solle, wenn ich komische Geräusche höre. Und ich solle laut „Bothi“ sagen, um um Schutz zu bitten. Warum auch immer, nahm ich diese Auskunft zur Kenntnis, hinterfragte sie aber nicht weiter.

Später zeigte sie mir das Bungalow. Es war zwar schon etwas in die Jahre gekommen, und es befand sich kein vollwertiges Bett darin, sondern nur eine auf dem Boden liegende Matratze, aber mich sprach es an. Vor allem die tolle Terrasse, umgeben von Bäumen und dem Grün der Blätter. Ohne lange zu warten, packte ich meine Sachen und zog um.

bungalow im wald meditation

Eine Nacht voller Angst

Am Abend, kurz vor dem Zubettgehen, hatte ich ein weiteres Gespräch mit der Direktorin, und sie erinnerte mich erneut daran, laut um Schutz zu bitten, wenn ich komische Geräusche höre oder es klopft. Also machte ich mich mit meiner Stirnlampe auf den Weg zu meinem Bungalow, bereitete mich fürs Bett vor und legte mich hin. Es muss ca. 21:00 Uhr gewesen sein.

Als ich dann im Bett lag, fing ich an, über das nachzudenken, was die Frau zu mir gesagt hatte. Warum sollte es hier klopfen, mitten in der Nacht, irgendwo im Nirgendwo? Was für Geräusche sollte es geben? Warum sollte ich um Schutz bitten – und warum erinnerte sie mich gleich zweimal daran? Warum sagt sie das? Jetzt begann mein Kopfkino. Sie muss doch wissen, was solche Äußerungen für Ängste hervorrufen können. Passieren hier wirklich komische Dinge? So etwas sagt man doch nicht einfach ohne Grund!

Langsam stieg in mir eine Angst auf, und ich wurde immer sensibler für die Geräusche um mich herum. Und ja, da waren viele Geräusche. Schließlich war die Hütte mitten im Wald. Also versuchte ich, mich zu beruhigen und zu rationalisieren. Was sollte schon passieren? Wie wahrscheinlich war es, dass hier jemand einfach so klopfen würde? Ich versuchte, mich zu entspannen, und schlief schließlich ein.

Bis … ich plötzlich wach wurde und dachte, ein Klopfen gehört zu haben. Ein Vibrieren durchfuhr meinen ganzen Körper, und ein überwältigendes Gefühl von lähmender Angst überkam mich. War das ein Traum? Bildete ich mir das nur ein? Und vor allem: Was sollte ich jetzt machen?

Ich versuchte, cool zu bleiben, ließ etwas Zeit verstreichen – und dann klopfte es erneut. „Hilfe! Ich liege hier, auf dem Boden einer Holzhütte, irgendwo im Wald von Koh Phangan, mir wurden diese angsteinflößenden Dinge erzählt, und nun klopft es tatsächlich an der scheiß Tür!“

Ich blieb still liegen, bis ich Schritte hörte, die sich vom Bungalow entfernten. Zitternd nahm ich mein Handy, schaltete es ein und schaute auf die Uhr: Es war erst 23:00 Uhr. Trotzdem – was zum Geier ging hier vor?

Ich rang noch eine Weile mit meiner Fassung, versuchte die Angst zu bändigen und konnte glücklicherweise nach einiger Zeit wieder einschlafen.

Um 04:00 Uhr klingelte dann mein Wecker. Ich stand auf, es war noch immer stockfinster, und die Angst saß mir immer noch im Nacken. Aber es blieb mir nichts anderes übrig, als rauszugehen – komme, was wolle.

Also zog ich mich an und öffnete vorsichtig die Tür. Ich lief hinaus und fand dort eine Matratze vor meinem Bungalow. Wie sich später herausstellte, hatte mir der deutsche Volunteer sie spätabends noch vorbeigebracht. Wie nett von ihm – aber was für ein verrücktes Zusammenspiel von Ereignissen!

Stille und Erkenntnis

In den Folgetagen absolvierte ich weiter meine Meditationen und Yoga-Einheiten. Zwischen den Einheiten verbrachte ich viel Zeit auf meiner Terrasse, wo ich den Schmetterlingen beim Tanzen zusah, die Affen beim Klettern beobachtete, den Vögeln beim Singen lauschte und die pure Schönheit der Natur um mich herum genoss. Diese Momente der Ruhe und des Nichtstuns führten zu tiefgründigen Gedanken und immer wieder starken Emotionen. Ich machte wertvolle Erfahrungen – sowohl während der Meditationen als auch in der Stille dazwischen.

Am fünften Tag saß ich erneut lange Zeit im Liegestuhl auf der Terrasse, als mich plötzlich ein intensives Gefühl überkam: Es war genug für mich. Ich hatte hier die Erfahrungen gemacht, die ich machen sollte. Es war Zeit, das Retreat zu beenden und die nächsten Schritte meiner Reise anzugehen.

Ich sprach mit der Direktorin über meine Gedanken und Gefühle, und sie gab mir Zuspruch. Also packte ich meine Sachen, suchte online eine Unterkunft für die nächsten Tage und bereitete meinen Abschied vor. In unserem Abschlussgespräch fragte ich sie schließlich, was es mit ihren seltsamen Aussagen auf sich hatte, die mir solche Angst gemacht hatten.

Ihre Antwort war ernüchternd und irgendwie absurd: „In der Nähe leben Drogenabhängige, die hier manchmal umhergeistern.“
Okay, gut zu wissen!

Fazit

Das Retreat war eine unvergessliche Erfahrung – auch wenn vieles anders lief als erwartet. Die intensive Zeit mit mir selbst hat mich nachhaltig geprägt. Die Magie des Dschungels, die Meditationen und die herzliche Begleitung der Direktorin werden mir prägend in Erinnerung bleiben.

Was denkst Du?
Hast Du schon einmal an einem Meditationsretreat teilgenommen? Oder wie hättest Du in einer so beängstigenden Situation reagiert?

Teile Deine Gedanken gerne in den Kommentaren!

1 Kommentar zu „Meditationsretreat in Thailand: Ommmm…mein Gott, was passiert hier?“

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